Das Problem mit dem Trinkgeld in Mexiko

In Mexiko ist der Preis oft nie der Preis. Es wird fast überall erwartet, dass ein Trinkgeld dazu kommt, oder es gibt eine kleine Zusatzleistung für einen kleinen Extrabetrag. Aber warum ist das eigentlich so?

 

Für mich ist das Konzept Trinkgeld schon immer ein wenig abstrakt gewesen. Wenn ich ein Preisschild sehe, gehe ich davon aus, dass das der Preis ist, der fällig ist und nicht, dass es im Zweifel als unfreundlich interpretiert wird, wenn man „nur“ den Preis auf der Rechnung bezahlt. In Mexiko gilt 10 Prozent als normal und wenn man sehr zufrieden war, sollten es 20 Prozent sein. 

 

Im Restaurant ist das Problem mit dem Trinkgeld sehr häufig anzutreffen. Ich bin es gewohnt Trinkgeld zu geben, wenn alles stimmt, Essen, Getränke, Service. In Mexiko kann es aber passieren, dass die Bedienung auf ein Trinkgeld besteht, obwohl das Essen versalzen war und das Bier gepanscht. Der Grund hierfür ist relativ einfach.

 

In den meisten touristischen Restaurants und Cafés trifft man auf eine Unmenge an Servicepersonal. Da können bei acht Tischen, schon mal 6 Servicekräfte, 2 Barkeeper und 2 Köche zusammenkommen.  Wir haben uns Anfangs gefragt, wie kann es sein, dass die Geschäfte sich so viel Personal leisten können? Die Antwort ist im Grunde relativ simpel. Sie tun es gar nicht erst. Die meisten Menschen im Service bekommen kein festes Gehalt. Entweder leben sie nur vom Trinkgeld, dass sie direkt erhalten oder bekommen einen Anteil vom gesamten Trinkgeld. Das führt natürlich dazu, dass das Servicepersonal nicht unbedingt versteht, warum sie kein Trinkgeld erhalten, wenn der Koch schlecht kocht. 

 

Etwas ähnliches haben wir auch bei einer Tour erlebt, die wir bei dem Vermittler bezahlten und der uns dann in Nachhinein fragte, ob wir dem Guide nicht auch etwas geben wollen. In meiner Welt bezahlt die Agency den Guide, den sie stellen. Das war aber hier scheinbar anders.

 

Es drängt sich die Frage auf, woran liegt es, dass die Menschen unter diesen Bedingungen arbeiten. Der Grund ist auch wieder ziemlich simpel: Es gibt viele Menschen die Arbeit suchen. Die Arbeitslosigkeit in Mexiko ist hoch und das Nutzen Arbeitgeber aus.

 

Ob das Reinigungspersonal im Hotel, das Servicepersonal im Restaurant, der Guide auf Bootstour, der Tankwart oder der ältere Herr, der im Supermarkt an der Kasse alles in Tüten räumt. Oft gibt es kein oder nur ein geringes Gehalt. Sie alle sind darauf angewiesen, dass es ein Trinkgeld gibt, weil es einen großen Teil ihres Einkommens ausmacht.

 

Für uns scheint, das befremdlich, aber es ist in Mexiko und auch in vielen anderen Ländern in Zentral- und Südamerika normal. Gerade in Mexiko haben wir das Im Alltag immer wieder bemerkt. Die Local‘s haben immer ein paar Pesos als Kleingeld dabei und geben das auch ganz selbstverständlich. Es ist am Ende des Tages eine andere Art mit Arbeitslosigkeit umzugehen, in einem Staat, der für seine Bürger kaum soziale Absicherung zur Verfügung stellt. Anders als in Deutschland haben die Mexikaner keinen Zugriff auf Arbeitslosengeld oder Grundsicherung.

 

Es ist ein gutes Beispiel dafür, dass Reisen den Horizont erweitert. Was sich für uns am Anfang als seltsam und unangenehm darstellt, führt dazu, dass wir uns damit auseinandersetzten und dann die Dinge einfach besser verstehen und nachvollziehen können. Also Ja, Reisen ist für Uns der Beste Weg, die Welt ein bisschen besser zu verstehen. 

 

Grüße Nico


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